Energiewende im Wallis
Viele Jugendliche, die einen technischen Beruf ergreifen möchten, haben nach der obligatorischen Schulzeit Lücken in Mathematik, Physik und Chemie und geraten deswegen in der Lehre ins Schlingern; einige verlieren die Motivation und brechen die Lehre vorzeitig ab – beziehungsweise brachen die Lehre ab. Denn seit ein paar Jahren ist das Problem zumindest im Wallis entschärft. Dank zwei Projekten der Werner Siemens-Stiftung, die die technische Berufsbildung unterstützen.
Das erste Projekt der Werner Siemens-Stiftung richtet sich an Walliser Lehrlinge in den Bereichen Automation, Automechanik und Elektrizität. Für sie wurden in den letzten fünf Jahren Werkstätten, Labors und Stützkurse an der Technischen Berufsschule in Sion eingerichtet. Die Labors erlauben es den Auszubildenden, das theoretische Wissen praktisch zu erproben und zu vertiefen.
Werkstätten in der Schule
In Materialkunde zum Beispiel erfahren sie in einem Experiment ganz anschaulich, dass gehärteter Stahl zwar stärker ist und mehr Druck benötigt, bis er bricht; dass er aber im Gegenzug weniger elastisch ist und bei plötzlich einsetzendem Druck schneller bricht als einfacher Stahl. In der mechanischen Werkstatt können sich die angehenden Automechaniker in Motor, Kupplung, Elektronik und sonstige Besonderheiten von Autos und Motorrädern vertiefen. Eine weitere grosse Werkstatt ist mit Übungsstationen zu Elektrizität und einem Elektrolabor ausgestattet. Dort lernen die zukünftigen Elektriker zum Beispiel Stromkreise aufzubauen und Störungen zu beheben.
Arbeitstechnik und Selbstmanagement
In den Lehrwerkstätten werden bei Bedarf überbetriebliche Kurse durchgeführt, die dazu dienen, die unterschiedlichen praktischen Fertigkeiten der Lehrlinge auszugleichen. Daran können auch Jugendliche teilnehmen, die von Berufsmittelschulen oder vom Gymnasium kommen und einen technischen Beruf ergreifen möchten – sie können dort die fehlende Praxis nachholen. Auch Lehrlinge, die in Arbeitstechnik oder Selbstmanagement Mühe haben, werden gecoacht und individuell unterstützt.
Messbarer Erfolg
Der positive Effekt dieser Anstrengungen zeigt sich heute klar. «Mittlerweile schliessen im Wallis 93 Prozent die einmal angefangene technische Lehre ab», freut sich Bernard Dayer, Direktor der Technischen Berufsschule Sion. Mit dem eidgenössischen Fähigkeitsausweis in der Tasche, sind die Mediamatiker, Elektroniker, Automation-Monteure, Multimedia- Elektroniker, Konstrukteure, Automechaniker und -elektroniker, Polymechaniker, Konstrukteure, Installateure, Elektriker und Seilbahnfachmänner begehrt auf dem Arbeitsmarkt. Das wiederum gefällt Jean-Pierre Tenud vom Departement für Volkswirtschaft und Bildung des Kantons Wallis: «In technischen Berufen besteht heute fast keine Arbeitslosigkeit.»
Fast auf sicher eine Anstellung
Dieser Erfolg hat die Werner Siemens-Stiftung dazu bewogen, nach Ablauf des ersten Projekts im 2017 ein zweites anzuschieben: Ab 2018 sollen im Wallis auch Lehrlinge und Studierende in den Bereichen Gebäudehülle, Gebäudetechnik, energetische Gebäudesanierung und Steigerung der Energiebilanz ausgebildet werden. Dazu werden sie auf den neusten Stand in Sachen Isolation, Energiesparen, elektronische Steuerung, Wärmetechnik und Solarenergie gebracht. Geplant ist ein Versuchslabor, in dem die Schülerinnen und Schüler die erworbene Theorie zu Planung, Gebäudehülle, Heizung, Ventilation und Sanitäranlagen erproben und anwenden können. Läuft die Anschubfinanzierung der Werner Siemens-Stiftung in fünf Jahren aus, wird der Kanton Wallis auch dieses zweite Projekt auf eigene Kosten weiterführen.
Energetische Gebäudesanierungen
Durch dieses zweite Projekt der Werner Siemens-Stiftung kann der Kanton Wallis einen Teil der dringend benötigten Fachkräfte beisteuern, die die Schweiz braucht, um die Energiewende auch praktisch umzusetzen, die das Schweizer Stimmvolk im Mai 2017 beschlossen hat. Die jungen Fachleute aus dem Wallis werden gefragt sein. Denn es gibt noch so manches ältere Gebäude, dessen Energiebilanz eine Verbesserung benötigt.
Text: Brigitte Blöchlinger
Foto: Felix Wey