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Foto von technisch begabten Mädchen des Mentoring-Programms "Swiss TecLadies"..
Das erste Mentoring-Programm «Swiss TecLadies» hat gezeigt: Technikbegeisterte Mädchen legen gerne selbst Hand an. So auch die Sekundarschülerin Rahel (Mitte), die sich für Raketentechnik begeistert.

Begeisterte Tüftlerinnen

Dass Mädchen sich für Robotik und Programmierung interessieren, wird von ihrem Umfeld oft nicht bemerkt und schon gar nicht gefördert. «Swiss TecLadies» ist ein Mentoring-Programm, das 13- bis 16-jährige Mädchen ermutigt, ihrer Neugier für Technik und Naturwissenschaften selbstbewusst nachzugehen.

«Die Mädchen sind Feuer und Flamme, wenn sie selbst etwas in Gang setzen können», erzählt Astrid Hügli, die Leiterin des Mentoring-Programms Swiss TecLadies. Das Unternehmen MAN hatte einen Workshop organisiert, bei dem die Mädchen Programme schreiben konnten. Besonders die Programmierung kleiner selbstfahrender Autos sorgte dabei für grosse Begeisterung. «Alle waren voll dabei», freut sich Astrid Hügli und berichtet, dass insbesondere die Robotik es den jungen Tüftlerinnen angetan hat. Als Ingenieurin und Fachlehrerin für Natur und Technik an einer Sekundarschule weiss Astrid Hügli, wovon sie spricht. Ihre Erfahrungen hat sie in die Gestaltung des Mentoring-Programms der Schweizerischen Akademie der technischen Wissenschaften (SATW) eingebracht, das von der Werner Siemens-Stiftung unterstützt wird.

Gemeinsam Neues entdecken

Das Mentoring-Programm brachte 44 Frauen aus technischen oder naturwissenschaftlichen Berufen (Mentorinnen) mit 44 Mädchen (Mentees) im Alter von 13 bis 16 Jahren zusammen. Die Zweierteams zusammenzustellen erwies sich als Herausforderung, denn Mentorinnen wie Mentees kamen aus der gesamten Deutschschweiz, und den Schülerinnen sollten keine zu langen Bahnfahrten zugemutet werden. Zudem galt es, die fachlichen Präferenzen der Mentees zu berücksichtigen. Die meisten Mädchen interessierten sich für Robotik und Medizintechnik.

Ganz normale Menschen

Der Vertrauensaufbau war ein wichtiges Ziel des Mentoring-Programms. Mentorin und Mentee konnten selbst bestimmen, wie und wo sie ihre Treffen abhalten wollten, ob im Arbeitsumfeld der Mentorin oder privat. Die Mädchen und jungen Frauen sollten sehen, dass Frauen in Technikberufen keine Exotinnen sind, sondern ganz normale Leben haben. «So gab es auch mal eine Riesenradfahrt oder Spaziergänge mit dem Hund», berichtet die Programmleiterin. Manche Mentorinnen wurden sogar von den Mentees und ihren Eltern nach Hause eingeladen. Das Mentoring-Programm sah aber auch  16 Workshops in verschiedenen Unternehmen vor, die freiwillig waren, aber von den Mentees sehr gut besucht wurden, wie Astrid Hügli feststellt. Ausserdem gab es Besuchstage wie zum Beispiel im Paul Scherrer Institut, einem der grössten Forschungszentren für Natur- und Ingenieurswissenschaften in der Schweiz, oder in der RUAG Space, der Raumfahrt- Division des Schweizer Technologiekonzerns RUAG. Zudem sollten zwei «Zukunftstage» mit Unterstützung der Zürcher Fachstelle für Gleichstellung das Selbstvertrauen der jungen Frauen stärken und ihnen Durchsetzungsstrategien für Frauen in einem männerdominierten Berufsumfeld aufzeigen.

Gut vernetzt

Im Juni 2019 wurde das erste Programmjahr abgeschlossen, das zweite beginnt im Herbst 2020. Bereits jetzt ist ein Netzwerk aus Naturwissenschaftlerinnen, Technikerinnen und Schülerinnen entstanden, das durch regelmässige Treffen gepflegt wird. In gewissen Abständen werden die Mentees nach ihren Berufsvorstellungen befragt. Im Moment geben 60 Prozent der Teilnehmerinnen ein ernsthaftes Interesse für einen technischen Beruf an. Wenn die Berufswahl dereinst konkret wird, stehen die Mentorinnen wieder für Beratungen zur Verfügung. Die gemeinsamen Aktivitäten und Interessen haben die Basis für längerfristige Kontakte zwischen Mentorinnen und Mentees gelegt. So nahmen sie auch gemeinsam am Abschluss-Event des ersten Mentoring-Programms Swiss TecLadies im Europa-Park teil.

Zu den Sternen

Aus Sicht der 13-jährigen Rahel Rüefli aus Grenchen war das Mentoring-Programm Swiss TecLadies so gelungen, dass sie gerne ein zweites Mal daran teilnehmen würde. Auf die Frage, was sie in Zukunft einmal machen möchte, antwortet Rahel: «Ich würde gerne zur Raumstation ISS fliegen.» Die Sekundarschülerin interessiert sich schon lange für Astrophysik und Raketentechnik, deshalb fand sie auch die Besichtigung der RUAG Space «einfach cool». Zusammen mit den anderen Mentees und den Mentorinnen besuchte sie eine ganze Reihe von Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Unternehmen und nahm an Workshops teil. Das Paul Scherrer Institut hat Rahel bereits zum zweiten Mal besucht – und war erneut von den Experimenten mit dem Teilchenbeschleuniger beeindruckt. Rahels Mutter kennt die Begeisterung ihrer Tochter für die Naturwissenschaften und hat sie deshalb auf die Ausschreibung für das Mentoring-Programm aufmerksam gemacht. Rahel weiss, dass sich nur wenige Mädchen für Technik interessieren. So hat ihr bei den Swiss TecLadies besonders gut gefallen, dass sie zusammen mit gleichgesinnten Mädchen ihrer Leidenschaft nachgehen konnte.

Text: Sabine Witt
Fotos: Felix Wey