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«Die Welt der Technik besteht aus mehr als nur 0 und 1»
Gerardina Bello, Informatikerin und Mentorin
Ihr Weg in einen technischen Beruf war nicht vorgespurt. Gerardina Bello studierte Sozialwissenschaften an der Universität Bern und war auf der Suche nach einem Nebenjob. In der Informatikabteilung der Schweizerischen Post wurde sie fündig. Zuerst arbeitete sie als Sachbearbeiterin, übernahm aber immer mehr auch technische Aufgaben – etwa in der Datenaufbereitung. Das schnelllebige IT-Umfeld gefiel ihr so gut, dass sie sich nach dem Studium auch die mehrjährige Berufserfahrung bei der Post mit dem Fachausweis Informatik bestätigen liess.
Danach war für Gerardina Bello klar, dass sie zwar in einem technischen Umfeld, aber auch mit Menschen arbeiten möchte. Sie konnte sich den Wunsch erfüllen: Seit Mitte 2017 leitet sie das SAP-Support-Team der Schweizerischen Post. Das 15-köpfige Team betreibt und unterhält für die Post die SAP-Software-Systeme, die beispielsweise im Personalwesen genutzt werden. «Als ich bei der Post zu arbeiten begann, war ich als Frau eine Ausnahme in der Informatik», blickt Gerardina Bello zurück. Allzu viel hat sich daran nicht geändert. Der Frauenanteil der IT-Beschäftigten in der Schweiz liegt heute bei rund 15 Prozent. Dass er im SAP-Support-Team von Gerardina Bello bei überraschenden 33 Prozent liegt, hat nichts damit zu tun, dass sie als Vorgesetzte nur Frauen einstellen würde. «Ich habe das Team mit dem hohen Frauenanteil übernehmen dürfen», erzählt sie lachend. Um gleich wieder ernst zu werden: «Bei den zwei Stellenausschreibungen, die ich bisher durchführte, hat sich keine einzige Frau beworben.»
Als Mentorin bei «Swiss TecLadies» möchte Gerardina Bello mithelfen, den Frauenanteil in technischen Berufen zu erhöhen. «Wir sollten aufhören, immer in den Kategorien ‹Männer› und ‹Frauen› zu denken. Entscheidend ist, was man kann und dass man seinen Beruf mit Leidenschaft ausübt», sagt Gerardina Bello. Sie ist überzeugt: Wenn es in der Arbeitswelt keine Männer- und Frauendomänen gäbe, würden sich mehr junge Menschen für Berufe entscheiden, die heute eher dem anderen Geschlecht zugeschrieben werden. Gerardina Bello hatte zwar nie das Gefühl, als Frau benachteiligt zu sein. Aber sie kann sich gut vorstellen, dass es junge Frauen wie auch Männer davon abhält, einen bestimmten Beruf zu wählen, wenn sie sich dauernd für ihre Wahl rechtfertigen müssen.
Dass solch stereotype Vorstellungen Gerardina Bello bei ihrer Berufswahl nicht beeindruckten, hat auch mit ihrer Herkunft zu tun. Ihre Eltern wanderten aus Italien in die Schweiz ein. «Als Seconda war ich in der Schule schon anders, weil ich mich in zwei Kulturen und Sprachen bewegte.» Sie empfand das nie als Nachteil, im Gegenteil: «Meine Eltern haben mir immer das Gefühl gegeben, anders zu sein sei eine Bereicherung. Deshalb hatte ich auch keine Mühe, beruflich in eine Männerdomäne einzutauchen.» Ihre Freude am Beruf möchte Gerardina Bello auch als Mentorin weitergeben: «Wir können das Interesse der jungen Frauen an technischen Berufen wecken, wenn wir sie mit unserer Begeisterung anstecken.» Dabei möchte sie zeigen, dass auch die Welt der Technik vielfältig ist: «Ich arbeite in einem technischen Umfeld, habe aber deswegen nicht nur mit Zahlen und Algorithmen zu tun. Die Welt besteht aus mehr als nur 0 und 1.»
Text: Adrian Ritter
Foto: Felix Wey