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Samira Künzler

Laborantin mit Forschungsdrang

Samira Künzlers Einstieg in die Wissenschaft erfolgte über eine Berufslehre. Die gelernte Biologie-Laborantin absolviert momentan ein Bachelorstudium an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Mit so viel Erfolg, dass die Schweizerische Studienstiftung ihr ein Exzellenz-Stipendium der Werner Siemens-Stiftung verlieh.

Samira Künzler wurde die Vielseitigkeit quasi in die Wiege gelegt. Zum einen wuchs die heute 22-Jährige in Wangen bei Olten SO in Waldrandnähe auf und begeisterte sich schon als Kind für Tiere, Pflanzen und die Natur ganz allgemein. Zum anderen gaben ihr ihre Eltern, die ein Architektur- und Ingenieurbüro führten, viel Technisches mit. «Ich weiss zum Beispiel noch, wie mir mein Vater erklärte, wie ein Abwassersystem funktioniert», erzählt sie.

In der Schule hatte Künzler kaum Mühe – ihre Schwierigkeit war herauszufinden, was sie danach machen wollte. Die Kantonsschule wäre eine Option gewesen. Aber vielleicht weil um diese Zeit ihr Vater starb, wollte Samira lieber eine Lehre ergreifen, um ihr eigenes Geld zu verdienen. Sie schnupperte in mehreren Berufen: Hochbauzeichnerin, Schreinerin, Sanitärin. Aber am meisten packten sie die Naturwissenschaften. Beim Pharmaunternehmen Roche bewarb sie sich als Biologielaborantin – und erhielt eine Lehrstelle.

Abwechslungsreiche Lehre

Die erste Zeit in der Lehre sei eine Herausforderung gewesen, erzählt Samira Künzler. Sie selbst war damals erst 15 Jahre alt, manche Mit-Lernende hingegen hatten bereits eine Maturität im Sack und wussten schon einiges mehr über Biologie und Biochemie. Aber sie biss sich durch – und die Lehre begann ihr immer mehr Spass zu machen. Sie lernte den Umgang mit Versuchstieren, betreute Zellbanken, überprüfte in einem Austauschjahr beim Kantonalen Laboratorium Basel-Stadt Lebensmittelproben und suchte im Rheinwasser nach Spuren invasiver Tierarten. Rasch sei ihr klargeworden, dass sie tiefer in die Biologie eintauchen wollte, erzählt sie.

Einen Anteil daran hatte auch die Biologie-Wissenschaftsolympiade. Eigentlich nähmen an diesem Wettbewerb eher Kantischülerinnen und -schüler teil, sagt Künzler. «Aber die Biologielehrerin in der Berufsschule liess unsere Klasse eine Multiple-Choice-Prüfung machen, die als erste Stufe bei der Wissenschaftsolympiade gilt.» Künzler qualifizierte sich für die nächste Runde und durfte an einer Vorbereitungswoche teilnehmen. Das sei eine tolle Erfahrung gewesen, auch wenn es ihr nicht ganz an die eigentliche Olympiade gereicht habe, erzählt sie. «Es waren lauter Leute dort, die sich total für biologische Fragen interessierten. Wir ackerten uns im Schnellzugstempo durch ganze Themenbereiche.»

Berufsmaturität nachgeholt

Ihren ersten Job nach dem Lehrabschluss fand sie im Zentrallabor des Kantonsspitals Baden AG. «Ich übernahm meistens die Abendschicht von 15 bis 24 Uhr – so konnte ich am Morgen lernen.» Denn für ihre weiteren Ausbildungsziele musste Künzler die Berufsmaturität nachholen. Es klappte – und im Herbst 2022 nahm sie ein Bachelor-Studium in «Bioanalytik und Zellbiologie» an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Muttenz BL auf.

Die Fragen, die in dem Studiengang behandelt werden, faszinieren Samira Künzler – das merkt, wer mit ihr spricht: Wie binden Antikörper an ein Ziel – und wo genau? Wie lässt sich zellbiologisches Wissen nutzen, um Medikamente zu entwickeln oder Diagnosemethoden zu finden? Biomarker für Sepsis; die Entwicklung künstlicher Gewebe, um Tierversuche zu vermeiden: Ohne lang zu überlegen, rattert sie diverse hochkomplexe Themen herunter.

Kein Wunder, schloss sie das erste Studiensemester mit guten Noten ab – und bekam deshalb ein Einladungsschreiben, sich bei der Schweizerischen Studienstiftung zu bewerben. Das tats sie – und wurde aufgenommen. Zwar habe sie bislang nicht so viel Zeit gehabt, um Anlässe der Studienstiftung zu besuchen, erzählt sie. Aber wenn sie teilnehmen könne, geniesse sie das stets. «Alle sind sehr offen und hilfsbereit – und es gefällt mir, dass ich dort Leute treffe, die ebenso interessiert sind an Forschungsthemen wie ich.»

Mehr Zeit für Studium

Dieses Jahr erhielt Samira Künzler zudem ein Werner-Siemens-Fellowship. Ein solches Stipendium wird jährlich durch die Studienstiftung an zehn herausragende Studierende im MINT-Bereich, in Medizin oder Pharmazeutik vergeben. Es sind Exzellenz-Stipendien, die es talentierten und ambitionierten jungen Menschen ermöglichen, ihre Ausbildung und Entwicklung zielgerichtet zu verfolgen.

Künzler ist dankbar für diese finanzielle Unterstützung. Denn bisher hat sie neben dem Studium gleich drei verschiedene Jobs: Am Kantonsspital Baden arbeitet sie – vor allem an Wochenenden – in der zum Zentrallabor gehörenden Mikrobiologie-Abteilung. An der FHNW erledigt sie für einen Professor Laborarbeiten wie das Aufreinigen von Proteinen und bereitet Materialien für Praktika vor. Und schliesslich arbeitet sie, ebenfalls an der FHNW, als Tutorin im Zellbiologie-Praktikum der Erstsemester-Studentinnen und -Studenten.

Das WSS-Stipendium gebe ihr nun die Möglichkeit, die Arbeit im Kantonsspital Baden etwas zurückzuschrauben. «Die beiden anderen Jobs möchte ich behalten», sagt sie. Zumindest bis im Februar nächsten Jahres. Dann reist Samira Künzler nämlich für ihre Bachelorarbeit in die argentinische Hauptstadt Buenos Aires. Vermittelt hat ihr das Projekt die Studiengang-Leiterin an der FHNW.

Freude am Erklären

Inhaltlich wird es bei der Arbeit um das Endometriumkarzinom gehen, einen Krebs der Gebärmutterschleimhaut. Mit bioinformatischen Methoden wird Künzler Zusammenhänge zwischen dieser Erkrankung und epigenetische Veränderungen im Erbgut untersuchen. Die Epigenetik befasst sich damit, wie die Aktivität von Genen durch Umweltbedingungen, Gewohnheiten und unseren Lebensstil verändert wird. Solche epigenetischen Aktivitätsveränderungen können die Entstehung mancher Krebsarten fördern.

Die Frage, wie ihr die Arbeit in Buenos Aires gefällt, wird auch die berufliche Zukunft Samira Künzlers beeinflussen. Klar ist: Nach dem Bachelor- soll ein Masterstudium folgen. Welche Richtung und wo hingegen ist noch offen. «Ich habe an vielem Freude», sagt sie. «Aber im Moment fasziniert mich vor allem die Verknüpfung zwischen Zellbiologie, Biochemie und Informatik.» Gut möglich also, dass sie ihr Wissen mit einem Masterstudium in Computational Biology and Bioinformatics vertiefen wird.

Auch langfristig möchte Samira Künzler in der Forschung zu bleiben. Nicht bloss, weil offene Forschungsfragen sie faszinieren. «Auch der Aspekt der Lehre gefällt mir sehr gut», erzählt sie. Im Zellbiologie-Tutoriat freue sie sich stets, wenn sie Studentinnen und Studenten Dinge so erklären könne, dass diese sich auf ihrem Wissensstand abgeholt fühlten. Die perfekten Voraussetzungen also für eine glänzende Karriere in Lehre und Forschung.