Die Gründerinnen der Stiftung


Es waren zwei Töchter von Carl Siemens, die 1923 die Werner Siemens-Stiftung errichteten. Charlotte und Marie setzten damit eine Idee ihres Vaters um, der schon früh über eine Stiftung zur Unterstützung der Siemens-Nachkommen nachgedacht hatte – doch dann brach der Erste Weltkrieg aus.  

«Lächerlich einfach» nannte Werner Siemens sein Gerät, das er 1847 in Berlin aus Zigarrenkisten, Eisenteilen, Blech und  isoliertem Kupferdraht zusammenbaute.  Doch sein Telegraph Marke Eigenbau wurde zum Grundstein eines Weltkonzerns. Siemens baute schon kurz darauf die Telegraphenverbindung zwischen Berlin und Frankfurt und landete im März 1849 einen Coup: Er meldete die Wahl von Friedrich Wilhelm IV. zum deutschen Kaiser in einer Stunde von Frankfurt nach Berlin; die königliche Abordnung benötigte dafür eine Woche.

Die Firma wurde schnell international, zwei jüngere Brüder stiessen dazu. Carl leitete das russische Geschäft,  Wilhelm baute die englischen Aktivitäten auf. 1874 verlegte Siemens das erste transatlantische  Seekabel.  Für ihre zahlreichen Erfindungen, wissenschaftlichen und unternehmerischen Leistungen wurden  alle drei geadelt – Werner von Siemens in Deutschland, Carl in Russland und Sir William in Grossbritannien.

Die Brüder waren auch soziale Vorreiter. Schon früh beteiligten sie die Mitarbeitenden am Erfolg des Unternehmens. 1872 gründeten sie pionierhaft eine firmeneigene Pensionskasse. Diese gelebte soziale Verantwortung war bezeichnend für die Familie Siemens, wohl verstärkt durch den frühen Tod des Vaters. Carl plante bereits 1900 eine Stiftung zur Unterstützung der Siemens-Nachkommen – seine Töchter Charlotte und Marie waren von der Idee sofort begeistert.

Doch der Erste Weltkrieg setzte dem Unternehmen zu. Das deutsche Geschäft litt stark, die britische Niederlassung geriet unter die finanzielle Kontrolle der Regierung. Charlottes Mann wurde im russischen Bürgerkrieg 1919 ermordet, nach der Oktoberrevolution musste sie mit ihrem Sohn fliehen. Später erhielt sie das Bürgerrecht von Liechtenstein.

Nach Kriegsende gelangten die beiden Töchter Charlotte und Marie an das blockierte Erbe ihres Vaters Carl. Damit verwirklichten sie mehr als zwanzig Jahre später seine Idee: Am 7. November 1923 legten sie in Schaffhausen 200 000 Schweizer Franken in die neugegründete Werner Siemens-Stiftung. Diese sollte in erster Linie die Nachkommen unterstützen, die durch politische und wirtschaftliche Turbulenzen in Deutschland und Russland in Not geraten waren. In den folgenden Jahren stockten drei weitere Frauen aus der Siemens-Dynastie das Stiftungskapital wesentlich auf: zuerst Anna und Hertha, die Töchter des Werner von Siemens, und später Eleonore, die Schwiegertochter des Carl von Siemens.

Text: Guido Stalder
Fotos und Quellenmaterial: Siemens Historical Institute

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