Ein wichtiger Entscheid
Maria Ibáñez und ihr Team am ISTA machen Fortschritte auf ihrer Suche nach Materialien, die Temperaturunterschiede effizient in Elektrizität umwandeln, oder umgekehrt. Und sie haben sich entschieden, Teile ihrer Hochdurchsatz-Anlage von einem spezialisierten Hersteller bauen zu lassen.
Thermoelektrische Materialien herzustellen ist komplex und aufwändig. Winzigste Veränderungen entscheiden darüber, ob ein Material die gewünschten Eigenschaften aufweist oder nicht. Wer jede neue Mischung im Labor von Hand herstellen und einzeln testen muss, kommt nicht weit. Deshalb verfolgt die Physikerin Maria Ibáñez am «Werner Siemens Thermoelectric Laboratory» am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg bei Wien eine andere Strategie: Sie setzt auf eine Hochdurchsatz-Infrastruktur, die hochautomatisiert viele Material-Kombinationen aufs Mal produzieren und testen kann.
Ibáñez’ ursprüngliche Idee war es, dieses einzigartige Hochleistungsgerät selbst im Labor zu entwickeln und zu bauen. «Es hat sich aber herausgestellt, dass das problematisch ist», sagt sie. Die Arbeiten waren zu stark von einer einzelnen Person abhängig. So wechselte ein ursprünglich für den Bau der Hochdurchsatz-Infrastruktur eingestellter Mitarbeiter in die Privatwirtschaft. Ein Nachfolger wiederum fiel krankheitshalber lange aus. «Dadurch gingen Know-how und Zeit verloren», sagt Ibáñez.
Spezialisierte Firma gefunden
Deshalb entschied sie sich, für einen Teil der Anlage eine externe Lösung zu suchen. Fündig wurde sie in der Schweiz bei einem Unternehmen, das auf den Bau solch hochkomplexer Anlagen spezialisiert ist. «Ich hatte diverse Gespräche mit den Verantwortlichen, wir haben gemeinsam die Plattform konzipiert – und es ist nun geplant, dass die Firma die Plattform im Verlauf des Jahres 2025 baut», sagt Ibáñez. Sie sei sehr glücklich über den Entscheid. «Es war vielleicht ein kleiner Schritt zurück, aber ich bin überzeugt, dass das Projekt nun in die richtige Richtung geht.»
Gleichzeitig haben Maria Ibáñez und ihr Team in den vergangenen Monaten wichtige Fortschritte bei der Erforschung und Herstellung von thermoelektrischen Materialien gemacht. In einer Studie gelang es ihnen beispielsweise aufzuzeigen, welche Herstellungsschritte zu Unterschieden in der Reinheit und damit in der thermoelektrischen Leistung eines Materials führen. «Dieses Wissen ist wichtig», sagt Maria Ibáñez. «Zum einen tappen wir sonst im Dunkeln, wenn wir im Hochdurchsatz-Gerät verschiedene Parameter untersuchen. Zum anderen werden in vielen wissenschaftlichen Publikationen manche dieser Schritte nicht genügend genau beschrieben, was dazu führt, dass Resultate nicht reproduzierbar sind.»
Pellets aus 3D-Drucker
In einer anderen wichtigen Veröffentlichung zeigen die Forschenden am Beispiel von Silber-Selenid (Ag2Se) einen Herstellungsweg auf, mit dem sich die Mikrostruktur eines zusammengesetzten Materials genau kontrollieren lässt. Die Synthesestrategie besteht aus drei Schritten: Die Herstellung von Silber-Selenid-Partikeln in einer Lösung; die Reinigung und Trocknung der Partikel und schliesslich das Verfestigen der entstandenen Pulver zu einer Art Pellets.
Dieser Verfestigungsprozess ist in der Hochdurchsatz-Anlage sehr zeitaufwändig: Das Thermoelektrik-Team um Maria Ibáñez hat deshalb einen 3D-Drucker so umgebaut, dass sich damit die Pellets drucken lassen, welche dann in einem nächsten Schritt auf ihre thermoelektrischen Eigenschaften untersucht werden. «3D-Druck ist enorm schnell und wir sparen damit auch Material und Energie», sagt Maria Ibáñez. «Wir produzieren derzeit mit diesem Ansatz Materialien, die Rekordleistungen bei Raumtemperatur erzielen.»
Einfacher und weniger anfällig
Diese neue Entwicklung hat auch Auswirkungen auf den Bau der Hochdurchsatz-Infrastruktur. Ursprünglich war geplant, die Pulver in eine Art Tinten umzuwandeln, die sich auf Folien sprayen lassen. «Aber es braucht viel Zeit, um für jedes Material die richtigen Bedingungen für die Herstellung guter Schichten zu finden, welche die Charakterisierung von Materialeigenschaften erlauben», sagt Maria Ibáñez. Deshalb entwickle das Thermoelektrik-Team nun stattdessen Tinten für den 3D-Druck. «Zudem ist die Untersuchung der Pellets einfacher und weniger fehleranfällig.»
Die Voraussetzungen stehen also gut, dass Maria Ibáñez’ Forschungsgruppe in Zukunft haufenweise vielversprechende Materialien produzieren und untersuchen kann, welche der Stromgewinnung und Temperaturkontrolle ganz neue Impulse verleihen werden.