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Foto der «Eugen Seibold» während der ersten Testfahrt.
Das segelnde Forschungsschiff «Eugen Seibold» ist Ende 2018 zu den Kanarischen Inseln aufgebrochen, um das Meer dort zu beproben. Die gewonnenen Daten werden aufzeigen, wie es dem Meer heute geht – und damit auch dem Klima.

Die «Seibold» sticht in See

Gewagt, gewonnen! Die innovative Idee, den Ozean mit einer leichten, umweltschonenden Segeljacht zu erforschen, ist Realität geworden. Dank der Unterstützung der Werner Siemens-Stiftung konnte die segelnde Forschungsplattform «Eugen Seibold» in vier Jahren gebaut werden. Ende 2018 stach die Weltneuheit zum ersten Mal in See. 

Kurz gehörte die Segeljacht «Eugen Seibold» der grosszügigen Donatorin, dann übergab die Werner Siemens-Stiftung am 20. August 2018 auf hoher See vor Norwegen das von ihr finanzierte Forschungsschiff an die Eugen Seibold Stiftung, die eigens für den Betrieb des Schiffs gegründet worden war. Der Initiator des weltweit grünsten Forschungsschiffs, Professor Gerald Haug, ist von der recht stürmischen Jungfernfahrt vom deutschen Greifswald über die norwegische Stadt Kristiansand nach Bremerhaven begeistert: «Die Testfahrt bei bis zu 9 Beaufort Wind war grossartig, das Schiff hat überzeugt, es ist wirklich seetüchtig.»

Messgeräte installiert

Nach der Testfahrt lag die «Eugen Seibold» bis Mitte Oktober in Bremerhaven, dort wurden ihr alle wichtigen wissenschaftlichen Systeme für die Meeresforschung eingebaut: der Multisensor für physikalische, chemische und biologische Analysen des Meerwassers (pH-Wert, Temperatur, Salzgehalt, Chlorophyll etc.), die Massenspektrometer für die Sauerstoff-, Kohlenstoffisotopenanalysen oder Sauerstoff/Argon-Messungen, das Flow Cytometer für die Quantifizierung der Zellen von Kleinstlebewesen wie Zooplankton, Algen und Bakterien, der «Staubsauger» für die Untersuchung der Luftchemie und der Luftpartikeln, die Computer, die eine erste Analyse der gewonnenen Meeresdaten ermöglichen, und eine moderne Satelliten-Kommunikationstechnik.

Von den Kanaren zu den Kapverden

Im November 2018 heisst es: Alle Mann an Bord und Segel hissen. Die «Eugen Seibold» sticht zum ersten Mal zu Forschungszwecken in See. Als erstes segeln die sechs Crewmitglieder zu den Kanarischen Inseln. Nicht wegen des schönen Strandes, sondern wegen der guten Infrastruktur: Der Hafen auf Lanzarote ist mit einem 100-Tonnen- Kran bestückt, dieser könnte im schlimmsten Fall die «Seibold» zwecks Reparatur aus dem Wasser hieven; es gibt Hotels, Restaurants und ein Spital, falls Crewmitglieder seekrank werden. Neben dem Kapitän und dem ersten Offizier, die natürlich erfahrene Seeleute sind, hat es auch Forschende, Doktorandinnen und Postdocs an Bord – die hoffentlich auch bei etwas Wellengang wohlauf bleiben. 

Wie geht es dem Ozean heute?

In den kommenden Jahren wird die «Eugen Seibold» unterschiedliche Zonen der Weltmeere erforschen. Auf der To-do-Liste bis zum Sommer 2019 steht der tropische Ozean südlich der Kapverdischen Inseln bis hin zum Eisrand nördlich von Island. Das grünste Forschungsschiff wird die verschiedenen Meeresgebiete aller Klimazonen umfassend beproben. Auch das nächste grosse El-Niño-Ereignis soll im tropischen Ostpazifik erforscht werden. Die umfangreichen gewonnen Daten werden den Meeresforscherinnen und -forschern helfen, den Zustand der Meere heute, in Zeiten der globalen Klimaerwärmung, wissenschaftlich fundiert zu beschreiben. Mit der Zeit wird auch ersichtlich werden, wie sich der Ozean verändert.

Globale Auswirkungen

Die Werner Siemens-Stiftung hat den Bau der «Eugen Seibold» finanziert. Deren Betrieb und die Datenauswertung übernimmt das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz – Gerald Haug ist Direktor der dortigen Abteilung Klimageochemie sowie Professor am Departement Erdwissenschaften der ETH Zürich. Man darf gespannt sein, zu welchen Resultaten die Meeresforscherinnen und -forscher in ein paar Jahren kommen. Wie geht es dem wichtigsten und grössten Ökosystem des blauen Planeten? Die Antwort darauf wird immer auch uns Menschen an Land betreffen. 

Text: Brigitt Blöchlinger
Foto: Lorenzo Argento