Die Tiefsee-Roboter aus Bremen übernehmen verschiedene Aufgaben – unter anderem sind sie in der Lage, bestimmte Punkte am Meeresgrund zu markieren.

Der Tiefseeroboter wird selbstständig

Die Forschenden des Innovationszentrums für Tiefsee-Umweltüberwachung gehen vermehrt Kooperationen und Technologietransfers mit anderen Meeresorganisationen ein. Das erweist sich als äusserst produktiv.

Die Basisarbeiten für die Tiefsee-Umweltüberwachung sind mittlerweile geschafft. Nun folgen Stufe zwei und drei: Die Unterwasser-Roboter werden halbautonom und schliesslich vollautonom gemacht. Für diese Aufgaben konnte Projektleiter Ralf Bachmayer im Jahr 2022 zwei neue Fachkräfte anstellen. Der Robotiker Dr. Ehsan Taheri ist für die Optimierung der Unterwassersteuerung und Regelungstechnik der Unterwasser-Roboter zuständig; die Physikerin Dr. Anna Kolomijeca nimmt sich der optischen Sensorik an.

Das Autonome Unterwasser-Vehikel (AUV) soll beim Gleiten über den Meeresboden plötzlich auftauchende «Überraschungen» wie Klippen identifizieren und adäquat darauf reagieren können, ohne das einprogrammierte Ziel aus den Augen zu verlieren. «Man versteht die Problematik am besten, wenn man sich vorstellt, dass man in der stockdunklen Nacht im Licht einer Taschenlampe über unbekanntes Gelände fliegt und sich plötzlich ein Abgrund auftut», erzählt Bachmayer. Ohne grossflächige Beleuchtung ist es schwierig abzuschätzen, ob man es schafft, darüberzufliegen, oder ob es besser ist, das Hindernis zu umfliegen.

Tauchroboter mit «Mutterschiff»

Deshalb wird über dem teilautonomen AUV ein ferngesteuerter Tauchroboter (ROV) als Tandempartner die fehlende Übersicht liefern. «Das Tandem ist so ausgerüstet und programmiert, dass das bodennahe AUV kurzfristig lokal autonom agieren kann; bei Bedarf greift es auf die Daten des höherliegenden ROVs zurück und entscheidet dann, wie es am besten zum einprogrammierten Ziel gelangt», erklärt Bachmayer.

Bereits arbeitet das siebenköpfige Team auch an den Komponenten für vollautonome Unterwasser-Vehikel: Diesen kann man eine Aufgabe stellen, zum Beispiel: Folge einem Temperaturgradienten! Dann erheben und werten die Vehikel die Daten selbst aus, die sie für den besten Lösungsweg brauchen.

Eine wichtige Aufgabe eines AUV in der Tiefsee ist die Identifizierung der Materie, die es umgibt, seien es Schwebepartikel, Gestein, Sand, Gase oder andere chemische Substanzen. Dazu soll das AUV mit einem Raman-Spektrometer ausgestattet werden. Es kann damit aufgrund der Rückstrahlung der mit Laserlicht angestrahlten Materie berührungslos herausfinden, welche Substanz es vor sich hat. «Die Raman-Spektrometrie wird heute für die Überprüfung von Medikamenten eingesetzt», sagt Bachmayer.

Tiefseematerie charakterisieren

Anna Kolomijeca will diesen optischen Sensor nun an die Bedingungen der Tiefsee anpassen. Das wird es einem AUV in Zukunft ermöglichen, zum Beispiel einen sogenannten Schwarzen Raucher zu erkennen und dessen Ausstoss vor Ort zu analysieren. Auch die aufgewirbelten «Sedimentwolken», die beim Tiefseebergbau das Leben am Meeresboden bedrohen, könnten damit untersucht werden.

Trotz Covid-19-Auswirkungen und Materiallieferengpässen konnten 2022 mehrere Tests in tiefen Gewässern durchgeführt werden. Unter anderem untersuchten Ralf Bachmayer und Dr. Maren Walter mit Kollegen auf dem deutschen Forschungsschiff «Meteor» die von Messungen geführte Steuerung kommerzieller Unterwasser-Gleiter. Sie waren dabei Teil einer grösseren Mission im südlichen Atlantik, deren Ziel die Erforschung der Strömungsenergie und der Austausch mit der Atmosphäre waren; sie nutzten die Forschungsfahrt auch für den Versuch, ihre Algorithmen in den Gleitern zu implementieren.

Ohnehin hat sich die Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen und Organisationen wie GEOMAR oder dem Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik in Freiburg (D) intensiviert. So beteiligt sich das Innovationszentrum für Tiefsee-Umweltüberwachung seit 2022 an der «Deutschen Allianz Meeresforschung» (DAM), einem Zusammenschluss von fünf norddeutschen Bundesländern zur Förderung und Koordinierung der deutschen Meeresforschung.

Austausch mit der «Eugen Seibold»

Bachmayers Team entwickelt für die DAM-Forschungsmission «Marine Carbon Sinks in Decarbonization Pathways» ein mobiles Langzeit-Beobachtungssystem, mit dessen Sensoren sich in der Tiefsee Kohlendioxid (CO2) registrieren lässt. Das Gas-Monitoring wird zum Beispiel bei der Einspeisung von CO2 in den Meeresboden wichtig, um zu kontrollieren, ob alles dicht ist beziehungsweise wie viel CO2 austritt.

Auch mit dem Geologen Ralf Schiebel, dem Forschungsleiter der Segeljacht «Eugen Seibold», die ebenfalls von der Werner Siemens-Stiftung unterstützt wird, ist ein Austausch entstanden. Bachmayer möchte sein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug MiniROV mit dem Sampler der segelnden Forschungsjacht verbinden und so die Übermittlung von Bildern aus dem Atlantik testen.