Testbecken am Innovationszentrum für Tiefsee-Umweltüberwachung
Testbecken für Meeresforschung. Am Innovationszentrum für Tiefsee-Umweltüberwachung in Bremen werden neuartige Unterwasserroboter ausprobiert.

Basisstation in der Tiefsee

Grosse Fortschritte am Innovationszentrum für Tiefsee-Umweltüberwachung in Bremen: Navigation, Datenübertragung und Energieversorgung der Unterwasserroboter sind viel besser geworden. Neu liefert eine stationäre Basisstation, die gezielt auf dem Meeresboden platziert wird, die fürs Tiefsee-Monitoring benötigte Energie und einen sicheren Datenspeicher für ein Unterwasserfahrzeug.

Ralf Bachmayer und sein Team vom Innovationszentrum für Tiefsee-Umweltüberwachung haben ihr Monitoring-System um eine multifunktionale Komponente ergänzt: die Basisstation. Diese fungiert als unterseeische Ladestation, Rechenknoten und Datenspeicher, auf die das Unterwassergefährt seine gesammelten Daten übertragen kann. Die Basisstation lässt sich an beliebigen Orten auf dem Meeresboden platzieren. Weil sie aus Stahl und schwer ist, bewegen sie selbst starke Strömungen nicht.

Die Idee dieser Basisstation-Fahrzeug-Kombination entstand während des letztjährigen Einsatzes des bisherigen Systems in der Nordsee, erzählt Bachmayer. Die Forschenden wollten natürlich auftretende Gas-Austritte detektieren – und kämpften mit den Naturgewalten. «Starke Strömungen, ausgeprägte Gezeiten, schlechte Sicht – das ganze Programm», erinnert sich Bachmayer. «Wir fragten uns ernsthaft, wie kann man in so einer Umgebung ein autonomes Unterwasserfahrzeug längere Zeit am Meeresboden lassen und sicherstellen, dass es immer noch da ist, wenn man zurückkommt?» Es wurde klar: Mehr technische Zuverlässigkeit und Robustheit waren nötig.

Grossflächiges Monitoring möglich

Das überarbeitete Konzept sieht nun vor, dass das Unterwasserfahrzeug während seiner Erkundungstour mit der Basisstation über ein Kabel verbunden bleibt. Es spult sich am Kabel ab und erfüllt seine Monitoring-Aufgaben auf einem spiralförmigen Pfad rund um die Basisstation herum. Die Forschenden haben das neue System SPIRULA getauft – in Anlehnung an gleichnamige kleine Tintenfische, die in einem spiralförmigen Gehäuse leben. Ausformuliert bedeutet SPIRULA: SPiraling Intelligent Robotic Underwater monitoring pLAtform.

Der maximale Aktionsradius, mit dem das Fahrzeug um die Basisstation kreisen kann, beträgt 20 Meter. Daraus ergeben sich gut 1200 Quadratmeter zusammenhängend erforschbare Fläche. «Eine solch grosse Bodenfläche wiederholbar und hochgenau positionierbar zu erforschen, ist ein gewaltiger Fortschritt», sagt Michael Schulz, ehemaliger Direktor des MARUM in Bremen, wo das Innovationszentrum angesiedelt ist. Bisher waren nur punktuelle Messungen ohne unmittelbaren Umgebungskontext möglich, was die Forschung stark einschränkte. «Mit SPIRULA sind wir nun in der Lage, eine grosse Fläche Meeresboden unter den unterschiedlichsten Bedingungen zu analysieren», sagt Schulz und betont, dass dieser Fortschritt durch die För­dergelder der Werner Siemens-Stiftung möglich wurde.

Das Fahrzeug macht, während es am Kabel sanft über den Meeresboden gleitet, mit der Kamera am «Bauch» wiederholt kurze sich überdeckende Blitzlichtaufnahmen des Untergrunds; aus den Fotos lassen sich 3D-Abbildungen des Tiefseebodens rekonstruieren. Mit dem Sonar-Aufbau an der Vorderseite nimmt es akustische Informationen auf. So kann das Fahrzeug selbst bei null Sicht die Tiefsee erforschen, denn sein Sonarsystem zeigt zuverlässig auftauchende Hindernisse wie Felsbrocken an. «Das Fahrzeug darf ja auch bei schlechter Sicht nicht mit dem Meeresboden kollidieren und wertvolle Ökosysteme wie Korallen zerstören», sagt Bachmayer.

Die akustischen und visuellen Aufnahmen lassen sich kombinieren mit den Messungen von ebenfalls am Fahrzeug montierten Sensoren, die Wassereigenschaften wie Temperatur, Salz- und Sauerstoffgehalt sowie Trübe aufzeichnen.

Energie und Rechenleistung

Geht die Energie des Fahrzeugs zur Neige, dockt es selbstständig bei der Basisstation an und lädt dort seine Batterien auf. Über die Glasfaserkabelverbindung zur Basisstation überträgt es auch kontinuierlich die gesammelten Daten auf dessen gut geschützten, leistungsstarken Computer. Dieser verarbeitet die Daten weiter, generiert neue Karten, detektiert Veränderungen, erstellt selbständig einen neuen Missionsplan für die nächste Fahrt und extrahiert bereits Informationen aus den Rohdaten, die nach oben ans Forschungsschiff geschickt werden können.

Auch der Einsatz des Forschungsschiffs wird dank SPIRULA effizienter. «Das Forschungsschiff kann unsere Basisstation mit dem Unterwasserfahrzeug einfach an einem Ort in der Tiefsee abstellen und danach gleich zur nächsten Mission weiterfahren», so Michael Schulz. «Bei der Rückkehr lassen sich im Idealfall eine vollständige Karte und weitere Umweltinformationen des erforschten Tiefseegebiets auf die Server des Forschungsschiffs übermitteln.»

Auch Aufzeichnungen über Tage und Wochen werden möglich. «So lässt sich zum Beispiel untersuchen, wie sich Kaltwasserkorallen unter sich ändernden Umweltbedingungen entwickeln – eines unserer nächsten Forschungsziele am MARUM», sagt Bachmayer.